Bericht zum Data Sprint

Researching Super 8

Oğuz Can Ayverdi, Nina Christiansen

Teilnehmende am Data Sprint aus dem Studiengang “Digitale Methodik in den Geistes- und Kulturwissenschaften”

Einleitung

Der Data Sprint “Researching Super 8” fand vom 06.12-07.12.2024 im Medienhaus Mainz statt. Er wurde im Rahmen des Forschungsprojekts “DiCi-Hub: A Research Hub for Digital Film Studies” organisiert. Das Thema des Data Sprints war die Arbeit mit Super 8-Filmkatalogen unter Einsatz von digitalen Methoden.

DiCi-Hub

Digital Cinema-Hub, kurz DiCi-Hub, ist ein Forschungsprojekt, das den Einsatz digitaler Werkzeuge und Methoden für Forschung und Lehre in der Filmwissenschaft erkundet. Es bringt drei Universitäten zusammen: Die Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die Philipps-Universität Marburg und die Goethe-Universität Frankfurt. Das Projekt besteht aus vier Modulen: Formate, Netzwerke, Märkte, welche jeweils an einer der drei Einrichtungen angesiedelt sind, sowie ein gemeinsames Modul zu Data Criticism and Data Literacy. Das Forschungsthema Super 8-Format ist Bestandteil des Moduls Formate, das am Institut für Film-, Theater-, Medien- und Kulturwissenschaft der Johannes Gutenberg-Universität Mainz angesiedelt ist, das auch Gastgeber des Data Sprints war.

Das Format Data Sprint

Data Sprints sind intensive Workshops, bei denen Forschende an einem Ort zusammenkommen, um gemeinsam an einem Datensatz zu arbeiten und so zu versuchen, verschiedene Forschungsfragen zu entwickeln und zu beantworten. Das Format wurde auf der Grundlage der „Hackathon“-Idee entwickelt, das aus der Open-Source- Softwareentwicklungs-Community stammt. Data Sprints können Menschen mit unterschiedlichen Vorkenntnissen zusammenbringen, um sich unter Einsatz digitaler Methoden mit einem bestimmten Forschungsgegenstand zu befassen (Vgl. Venturini, Munk, und Meunier, „Data-sprinting“). Dazu gehören häufig das Bereinigen und diverse Verfahren zur Analyse und Visualisierung der Daten. Wie der Name bereits andeutet, sind Data Sprints durch enge Zeitfenster gekennzeichnet. Daher eignen sie sich für explorative Forschung und prototypische Projekte (Vgl. Munk, Madsen, und Jacomy, „Thinking through the databody“).

Das Format Super 8

Super 8 ist ein 1965 von der Eastman Kodak Company lanciertes Filmformat. Es ist ein preiswertes Schmalfilmformat, das stumm war, bis 1973 eine Version mit magnetischer Tonspur eingeführt wurde (Vgl. Eastman Kodak Company, „Super 8 History: How it started“). Das Format wurde in erster Linie an Amateurfilmemacher:innen vermarktet, aber auch für den kommerziellen Vertrieb von Filmen an Heimkinozuschauer:innen und Privatsammler:innen verwertet, darunter vor allem Reduktionsskopien von Kinofilmen (Vgl. Schneider, „Viewer’s Digest“).

Der Forschungsgegenstand

Die zugrunde liegenden Daten für den Data Sprint stammen aus Vertriebskatalogen von Super 8-Filmen, die von den Filmverleihen Piccolo Film, Marketing Film und UFA publiziert wurden. Der Erscheinungszeitraum der uns verfügbaren Kataloge erstreckt sich von 1974 bis 1983. Für den Data Sprint wurde der Fokus auf 7 Kataloge von Piccolo Film aus den Jahren 1974 bis 1981 gelegt, die mittels OCR und anschließender manueller Fehlerkorrektur digitalisiert wurden. Die digitalisierten Kataloge wurden in tabellarischer Form in Spalten wie Bestellnummer, Titel, Preisstufe, Ausführung (Länge, Farbe, Ton), Beschreibung, Katalogseitenkategorie, Kategorie im Inhaltsverzeichnis sowie den jeweiligen Ursprungs-Katalog des Films erfasst. Diese Dateien sowie alle vorliegenden Kataloge wurden den Teilnehmenden zur Verfügung gestellt. Eine Gruppe hat zusätzlich eine Preisliste der Piccolo-Filme aus dem Jahr 1978 gefunden, die danach allen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wurde.

Teilnehmende

Am Data Sprint nahmen Forscher:innen aller Karrierestufen inklusive BA- und MA-Studierende teil. Die Mitglieder des DiCi-Hub-Teams aus allen drei Projektstandorten wurden auf die einzelnen Teams verteilt. Zahlreiche Gäste aus anderen Einrichtungen waren ebenfalls anwesend, insbesondere aus dem nationalen Konsortium NFDI4Culture. Ein besonderer Gast war Prof. Dr. Mark Williams vom Dartmouth College, USA, der als Fellow von DiCi-Hub nach Mainz eingeladen wurde. Die Mehrheit der Teilnehmenden bestand aus Studierenden der Masterstudiengänge Filmwissenschaft und Mediendramaturgie, die die Übung “Methoden der Analyse: Das Super-8-Format - Mit Daten arbeiten, hinterfragen und analysieren” an der JGU Mainz besuchten. Der Data Sprint war als Teil des Curriculums in die Veranstaltung eingebettet. In den Wochen vor dem Data Sprint erhielten die Studierenden eine Einführung in die digitale Filmwissenschaft sowie praktische Erfahrungen mit den spezifischen Tools, die im Data Sprint eingesetzt wurden. Zum Abschluss der Lehrveranstaltung mussten die Studierenden ihre Arbeit und Ergebnisse in den jeweiligen Gruppen präsentieren. Der Data Sprint war auch für eine begrenzte Anzahl anderer Studierende aus den Filmwissenschaft- bzw. Digital Humanities-Studiengängen der drei beteiligten Hochschulen offen.

Ablauf

Nach der Begrüßung durch das Projektteam wurden das Super 8-Format sowie die zugrunde liegenden Daten vorgestellt. Dabei erhielten die Teilnehmenden eine kurze Einführung in die Geschichte des Films und dessen Formate. Anschließend konnten sich die Teilnehmenden den Gruppen zuordnen. Die Gruppenzuordnung erfolgte anhand der digitalen Tools, mit denen die Daten analysiert werden sollten. Nachdem sich die Gruppen formiert und in ihre Arbeitsräume begeben hatten, wurde zunächst eine Herangehensweise festgelegt. Einige Gruppen entwickelten bereits erste Forschungsfragen als Grundlage für ihre Analysen. Anschließend begann die Arbeit mit den Daten. Während des gesamten Sprints gab es regelmäßige Kaffeepausen, in denen sich die Gruppen austauschen, Erfahrungen teilen und sich gegenseitig unterstützen konnten. Dies spiegelt die kollaborative Natur eines Data Sprints wider, in der gemeinsam und interdisziplinär geforscht wird. Der zweite Tag startete mit einer kurzen Begrüßung, bevor die Gruppen in die nächste Arbeitsphase übergingen. Auch hier fanden Pausen statt, die Raum für Austausch und Reflexion boten. Somit war ein großer Teil des Data Sprints auch das Networking, zwischen den einzelnen Statusgruppen und Standorten. Zum Abschluss des Data Sprints wurden die Ergebnisse der einzelnen Gruppen präsentiert. Die Zuordnung der Gruppen zu spezifischen Tools diente als Startpunkt für die Arbeit innerhalb der Gruppe. Dies bedeutete jedoch nicht, dass keine anderen Anwendungen genutzt werden konnten. Einer Gruppe wurde die Aufgabe zuteil, als Kontrollgruppe zu fungieren. Hierbei konzentrierten sie sich auf die hermeneutische Herangehensweise in ihrer Arbeit mit den Katalogen. Zur Unterstützung wurden von DiCi-Hub Tutorials bereitgestellt, die eine erste Einführung in die jeweiligen Tools ermöglichten. Diese genutzten Tools waren Excel, Tableau, OpenRefine und RAWGraphs. Microsoft Excel eignet sich für die Datenanalyse, -sortierung und -filterung. Es kann auch als Grundlage für die Datenbereinigung verwendet werden. Tableau ist ein Tool für Datenvisualisierung. Es kann Daten aus verschiedenen Quellen wie Excel, SQL-Datenbanken oder Cloud-Services verarbeiten und in interaktive Dashboards umwandeln. OpenRefine ist besonders für die Datenbereinigung und -anreicherung geeignet. Es hilft dabei, Fehler in Datensätzen zu identifizieren und zu korrigieren. Eine besonders nützliche Funktion ist die Möglichkeit, Daten mit externen Quellen wie Wikidata abzugleichen und zu ergänzen. RAWGraphs eignet sich für fortgeschrittene Datenvisualisierung. Dabei können klassische Diagramme, aber auch komplexere Visualisierungen erstellt werden.

Ergebnisse

Die Ergebnisse waren sehr unterschiedlich und somit ist es schwierig, eine detaillierte Übersicht zu liefern, weswegen exemplarisch einige Erkenntnisse präsentiert werden. Eine der zentralen Erkenntnisse der Teilnehmenden war, dass die Datenbereinigung den größten Teil der Arbeit ausmacht. Trotz der Nutzung gleicher Tools kamen die Gruppen teilweise zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Dies zeigt, wie viele verschiedene Herangehensweisen es in der digitalen Datenbearbeitung gibt. Die hermeneutische Gruppe widmete sich der inhaltlichen Analyse der Kataloge und untersuchte beispielsweise die Darstellung von Frauen in den Katalogen. Dabei wurden Aspekte wie Mimik, Körperhaltung und Farbgestaltung der Filmposter analysiert. In den folgenden Abbildungen werden die Posen der Frauen und deren Blickrichtung auf verschiedenen Abbildungstypen in den Katalogen kategorisiert.

Abb. 1: Posen der Frauen auf Filmplakaten

Abb. 2: Blicke der Frauen auf Filmplakaten

In den nachfolgenden Beispielgraphen kann man beobachten, dass es unterschiedliche Visualisierungsmethoden gibt. Dabei ist auch zu erkennen, dass einige nicht aussagekräftig sind und eher Verwirrung stiften können. Die Grafiken sind in RAWGraphs, und Tableau entstanden.

Abb. 3: Verteilung, Farbe, Sound und Jahr

Abb. 4: Verteilung Preiskategorie und Filmkategorie

Abb. 5: Verteilung Schwarzweiß- und Farbfilm

Fazit

Der Data Sprint bot eine Möglichkeit, digitale Tools auszuprobieren und grundlegende Kenntnisse in der Datenanalyse zu erlangen. Forschende mit unterschiedlichen Vorkenntnissen konnten ihre Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Methoden vertiefen und das Super8-Format aus einer datengetriebenen Perspektive untersuchen. Während viele Fragen zu den Katalogen und deren Inhalten geklärt werden konnten, entstanden durch die analytische Auseinandersetzung mit dem Material auch neue Forschungsfragen. Es war zu beobachten, dass sich durch die Trial-and-Error-Methode in den Visualisierungsgruppen interessante, wenngleich nicht immer direkt verwertbare, Ergebnisse ergaben. Die Veranstaltung verdeutlichte die Vielfalt digitaler Analysemethoden und deren Potenzial für zukünftige Forschungsarbeiten.

Abb. 6: Teilnehmende während der Abschlusspräsentation

Literatur

Eastman Kodak Company. „Super 8 History: How it started“. Zugegriffen 31. Januar 2025. https://web.archive.org/web/20210927191417/https://www.kodak.com/en/motion/page/super-8-history.

Munk, Anders Kristian, Anders Koed Madsen, und Mathieu Jacomy. „Thinking through the databody: Sprints as experimental situations“. In Designs for Experimentation and Inquiry. Routledge, 2019.

Schneider, Alexandra. „Viewer’s Digest: Small-Gauge and Reduction Prints as Liminal Compression Formats“, 2019. https://mediarep.org/handle/doc/14605.

Venturini, Tommaso, Anders Munk, und Axel Meunier. „Data-sprinting: A public approach to digital research“. In Routledge Handbook of Interdisciplinary Research Methods. Routledge, 2018.

Zuletzt bearbeitet am 12.09.2025

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